Max Reinhardt Seminar Wien / Zorn! - Festival
2009
Liebesgeschichte
Uraufführung von Franzobel
Premiere am 2. Oktober 2009
Fassung/Regie/Ausstattung: Sarantos Zervoulakos
Pressestimmen
nachtkritik.de, von Stefan Blaeske
"(...) Galopp durchs Schniedelwutzdenken
Sarantos Zervoulakos dramatisierte Franzobels Roman, der zwar "Liebesgeschichte" heißt, dem österreichischen Orgien-Mysterien-Phantasten allerdings zur mal pubertären, mal libertinären Sex-and-Crime-Story geraten ist. Ein Mann, Verkörperung kleingeistigen Schniedelwutzdenkens, endet im Gefängnis, als er in Jerusalem versucht, Terrorist zu werden, nachdem sich zuhause Frau und Kinder aus dem Fenster gestürzt haben, er seiner Liebhaberin Liebhaber erschossen hat, und jene, die "Angebumste", das "verfügbare Fickfleisch", erst mit einer Dogge schlief und dann bei einem Bombenattentat aufm Prater zerfetzt wurde.
Es sind ekelhafte Geschichten, mit Wortkraftmeiereien manchmal auf Toilettenwandspruchniveau. Aber Sarantos Zervoulakos gelingt es auf wundersame Weise, die ausufernde Geschichte zu straffen, zu verdichten, Franzobels Sprachgewalt dabei herauszukitzeln und auf lediglich zwei Quadratmetern Spielraum gleichsam zur Explosion zu bringen. Drei Darsteller sitzen auf einem Bumsbett, frontal zum Publikum, und sind in dieser scheinbaren Handlungsarmut so energiegeladen, so klar im Sprechen und intensiv im Spiel, dass sich in der Phantasie tatsächlich die verrücktesten Welten öffnen. Mit blitzenden Augen galoppieren die Schauspieler durch Text, Rollen und Emotionen - ein treffsicherer verbaler Schlagabtausch, eine feuchtfröhliche Inszenierung in ihrer Mischung aus Formenstrenge und boulevardesker Spielfreude. (...)"
Kritik zum Gastspiel auf dem Heidelberger Stückemarkt 2010
"(...) Während der Roman in der Presse durchfiel, kann Zervoulakos' Bühnenfassung durchweg überzeugen. Dem jungen Regisseur gelingt es, Franzobels wortgewaltige und bilderreiche Sprache in das Stück zu integrieren, die überbordende Geschichte zu verdichten und als eine groteskabsurde Hatz durch Wien zu inszenieren. Einen großen Anteil daran haben die drei tollen Darsteller, die vor karger Kulisse (drei spartanische Matratzen vor schwarzer Leinwand, darüber drei Hängelampen) mit intensivem, wandlungsfähigem Spiel brillieren und die vielen verschiedenen Figuren mit Leben füllen. (...)"