Burgtheater Wien / Vestibül
2013
Die Tigerin
nach Walter Serner
Premiere am 29.09.2013
Regie: Sarantos Zervoulakos
Bühnenbild: Thea Hoffmann-Axthelm
Kostüme: Lane Schäfer
Dramaturgie: Annette Friebe
Dorothee Hartinger, Petra Morzé, Adina Vetter
Pressestimmen
"Die drei flotten Damen von der Beerdigungsstelle"
(...)Der Dada-Autor Walter Serner (1889-1942) ist ein zu Unrecht Vergessener. Sein vor Selbstbewusstsein platzender Ehrgeiz erregte bei den Zeitgenossen zuverlässig Anstoß.(...)
(...) Als der studierte Jurist den Kolportage-Roman Die Tigerin 1925 veröffentlichte, war er längst bei allen unten durch. - (...)
(...)Die Tigerin aber war sein Meisterwerk. Dass sich die Wiener Burg seiner besinnt, versöhnt sogar mit der Verbannung dieser kleinen Produktion auf den Nebenschauplatz. Das Büchlein atmet den Geruch der Hochstapelei. Insofern eignen sich Serners Texte vorzüglich als Gebrauchsanweisungen.(...)
(...). Zu trauen ist auch nicht den drei Damen, die im Vestibül des Burgtheaters am Sarg wie Ölgötzen ausharren. Auf den Zuschauersesseln liegen Partezettel. Ein gewisser "Fec" alias Henri Rilcer soll den Weg allen Fleisches gegangen sein. Ihm zu Ehren rekapitulieren die Burg-Schauspielerinnen Petra Morzé, Dorothee Hartinger und Adina Vetter sein Leben. Um es kurz zu machen: Dieses war keines, das irgendeinen bürgerlichen Nutzen stiftete. Fec ist der wahre Held der Tigerin.
Personen wie er sind die Erbschleicher des bürgerlichen Unternehmungsgeistes. Leute wie Fec führen die Schönen und Reichen mit der Undurchdringlichkeit ihrer Fassade hinters Licht. Sie sind kalte Beobachter. Sie wissen genau, wie ihr jeweiliges Gegenüber reagiert. Mit ihren Fertigkeiten lässt sich gutes Geld verdienen.(...)
Herkunft und Mandat der drei Grazien am Sarg bleiben unklar. Sie sind bis an die Zähne mit Serners Sätzen bewaffnet. Ihr Augenmerk gilt der ebenso schönen wie verruchten Bichette. Fec und die Kokotte Bichette verfallen einander im Nu. In der Demimonde ist man jedoch philosophisch genug, der Liebe keine Macht über das Ich einzuräumen. (...)
(...)Die drei Damen von der Beerdigungsstelle leisten ganze Arbeit. Sie ziehen Requisiten aus dem Holzpyjama. Sie sind in Sarantos Zervoulakos' Regie beinahe so schnell, wie Walter Serner denkt. Ihr Spiel gleicht einem Stepptanz auf der Briefmarke. Sie sind unergründlich. Die größeren Volten der Handlung bereiten ihnen keine Verlegenheit, und wer das klirrende Lachen Hartingers gehört hat, wird sein Herz auf ewig Walter Serner, den die Nazis ermordet haben, verschreiben. Eine famose Petitesse. (...)
Ronald Pohl, der Standard, 30.09.2013
Tiroler Tageszeitung, Printausgabe vom 01.10.2013
"(...) Im Vestibül rasen Adina Vetter, Petra Morzé und Dorothee Hartinger in atemberaubendem Tempo durch das frivol-komische Zeugnis einer vergangenen Epoche - nicht ohne manchmal aufgrund des geforderten Text-Stakkatos aus der Kurve zu fallen. Das tut der Freude, den dreien zuzusehen, wie sie auf ihrer kleinen Drehbühne - mit prächtigem multifunktionalem Sarg äußerst kuschelig gestaltet - rosa Champagner und (ja!) rosa Törtchen zu pikantem Text genießen, keinen Abbruch. Zu verdanken ist der gelungene Eindruck damit auch dem Bühnenbild von Thea Hoffmann-Axthelm und den Kostümen Lane Schäfers, die parallel zum Text ebenso mit eleganter Ironie spielen. Es sind genussvolle 100 Minuten des Zeitvertreibs, die Regisseur Zervoulakos und seine exzellenten Darstellerinnen dem Publikum schenken - nicht mehr und nicht weniger. (...)"
"(...) Drei fidele Damen zur letzten Ehr' (...)"