Düsseldorfer Schauspielhaus
2013
Bunbury
von Oscar Wilde
Premiere: 13.12.2013
Regie: Sarantos Zervoulakos
Bühne und Kostüme: Thea Hoffmann-Axthelm und Raimund Orfeo Voigt
Musik: Wojo van Brouwer
Dramaturgie: Almut Wagner
Mit Tina Engel, Claudia Hübbeker, Stefanie Rösner, Stefanie Reinsperger, Christoph Schechinger, Ingo Tomi, Marian Kindermann, Wojo van Brouwer
Pressestimmen
Bunbury - Sarantos Zervoulakos inszeniert das Substrat von Oscar Wildes Komödie in Düsseldorf.
Von Martin Krumbholz, www.nachtkritik.de vom 13.Dezember 2013
(...)Warum bloß ist ausgerechnet dieses Reclam-Heftchen so zerlesen, das einen derart unwürdigen Gegenstand enthält? (...)Die Antwort lautet: Weil dieser "Bunbury" so ziemlich das Witzigste, Brillanteste ist, was je für die Bühne geschrieben wurde.
(...)Nie wurde ein Sprengsatz derart lässig gezündet.
Ernster nie zwinkerte das Aug'
Der 1980 in Thessaloniki geborene Regisseur Sarantos Zervoulakos geht die Sache mit einer ähnlichen und, wie sich zeigt, begründeten Nonchalance an.(...)Die Gesellschaftskomödie wird auf ihr Substrat hin entblößt. Die Pointen können nun knallen und beißen, und sie tun's, wenn auch zunächst in bedächtigem Modus - ohne Rücksicht auf ein vermeintlich genrespezifisches "Timing".
Temperaturunterschiede
(...)Der Kunstgriff, den Zervoulakos anwendet, ist auf den ersten Blick prekär. Denn er inszeniert das zentrale Quartett in je eigenen Temperaturen. Das funktioniert, weil dem Regisseur ausgezeichnete Schauspieler zur Verfügung stehen. So spielt Ingo Tomi den Algernon als Clown, mit einer deutlichen, quasi "epischen" Distanz zur Figur. Christoph Schechinger dagegen gibt John Worthing - das Landei, das sich in der Stadt amüsieren will - mit einer allenfalls subtilen Ironie, ganz unepisch, beinahe "psychologisch". Die Frauen wiederum steuern noch einmal je eigene Nuancen bei. Stefanie Rösner kehrt als Gwendolyn konsequent die Künstlichkeit, das Posen- und Allürenhafte ihrer Figur hervor, während Stefanie Reinsperger als Cecily das Rollenklischee des renitenten jungen Mädchens bedient.
(...)Doch durch die individuelle Färbung der Figurenporträts setzt der Regisseur einen Prozess in Gang, der sich als dynamischer erweist, als eine genrekonforme Inszenierung "aus einem Guss" es sein könnte. Tina Engel als giftige Lady Bracknell und Claudia Hübbecker als schrullige Gouvernante bleiben dabei brav (und souverän) ihren Rollentopoi verpflichtet; auch die Mechanik der Handlung verliert Zervoulakos keineswegs aus dem Blick. Er hat sogar eine im Reclam-Heftchen nicht vorkommende Szene ausgegraben, in der der ominöse "Ernst", den beide Männer partout als Alibi-Existenzen verkörpern wollen, aufgrund von Schulden mit Haft bedroht wird. Ernster kann man die unernsten Verwicklungen kaum nehmen - auch wenn das Augenzwinkern dabei deutlich betont wird.
In Hot Pants und Hirschlederhosen
(...)In dieser sarkastischen Beschreibung des gesellschaftlichen Getriebes ist Wilde alles andere als harmlos. Und noch heute, in Düsseldorf, ist es an manchen Stellen im Parkett verdächtig still.Den Rest machen die Kostüme, die der Regisseur systematisch ins Aberwitzige treiben lässt (Raimund Voigt und Thea Hoffmann-Axthelm). Schließlich ist auch die Enthemmung eins der Themen des Stücks. Von schrillsten Hüten (wir sind in England) bis zur Hirschlederhose, von der (männlichen) Fuchsstola über goldene Hot Pants und vielfarbige Dirndl bis hin zur fast kompletten Nacktheit lässt man hier nichts aus. Oscar hätte seine Freude gehabt.(...)
Max Kirschner, Westdeutsche Zeitung
"(...) Als ich Bunbury las, hatte ich Leute vor Augen, die mir über den Weg gelaufen sind." Nicht nur in Düsseldorf gäbe es viele Bunburys, auch in Wien, wo Sarantos Zervoulakos am Max-Reinhardt- Seminar studiert hat und seit sechs Jahren lebt. Deshalb wagt sich der 33 Jahre alte Regisseur jetzt an Oscar Wildes Komödienklassiker. Premiere ist am Freitag im Kleinen Haus. (...)"